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Eine Seefahrt die ist lustig ...

... eine Seefahrt die ist schön. Zumindest wenn man nicht schnell seekrank wird. Aber damit habe ich zum Glück nichts zu tun. Meistens jedenfalls.

7 Tage, 6 Personen und 30 Fuß

Eine 30-Fuß-Yacht ist normalerweise für zwei bis vier Personen eingerichtet. Studenten und Azubis müssen aber nun mal sparen und deshalb richten wir uns zu 6. in der Enge ein. Ein Tagesrucksack, das ist alles Gepäck was neben Regensachen und Schlafsack mitgenommen werden darf. Dazu kommt der Proviant für eine Woche und die kleine Bavaria ist bis zur letzten Schublade gefüllt.

Wir haben ab Lemmer gechartert und ich skippere zum zweiten Mal. Ein wenig Nervosität ist schon dabei, immerhin hat kein Crewmitglied sonderlich viel Segelerfahrung. Zwei sind sogar zum ersten Mal auf einem Segelboot. Eine ordentliche Boots- und Sicherheitseinweisung und ein Crash-Kurs in Hafenmanöver- und Segelkunde bereiten jedoch auch so eine Crew auf die Standardsituationen einigermaßen gut vor.

Ein überstürztes Auslaufen wäre jedoch fatal und so gehen wir - wie es sich im Urlaub gehört - alles schön sachte an. Wohin es am nächsten Tag gehen soll, wissen wir noch nicht.

Mit Verzögerung nach Stavoren

Nach der obligatorischen Sicherheitseinweisung kommt der Wetter-Check. Das Wetter erlaubt es uns leider nicht, wie gewünscht nach Urk zu fahren. Also ändern wir unseren Plan und werden Kurs auf Stavoren nehmen. Einige letzte Erläuterungen und es heißt "Leinen los". Unglücklicherweise geht der Motor beim Ablegemanöver aus und lässt sich auch nicht mehr starten. Sofort werden die Leinen wieder gelegt und die Anfangseuphorie ist leicht getrübt.

Nach etwa zwei Stunden technischer Arbeit bemerken wir, dass schlicht und einfach der Nothahn der Treibstoffleitung abgeklemmt ist. Kurz darauf strömt frischer Diesel durch die Leitungen und der Motor brummt wie gewohnt auf. Und nachdem sich die Allgemeine Aufregung gelegt hat, verlassen wir nun wirklich den Hafen.

Wäre das alles gewesen, es wäre ja zu langweilig gewesen. Wir haben die Hafeneinfahrt kaum 10 Minuten hinter uns gelassen, da bemerke ich, dass uns der Bootshaken fehlt. Ein Techniker hatte ihn sich während der Problemsuche ausgeliehen und nicht wieder zurückgebracht. Damit würden schon einmal die Proben der Rettungsmanöver wegfallen. Aber da aller guten Dinge drei sind ist auch das noch nicht alles gewesen. Schon kurz nach dem Auslaufen setzen wir die Fock (Vorsegel) und stellen einen Riss von etwa 10cm am Achterliek (Hinterseite des Segels) fest. Der Riss wurde vom Vorcharterer nicht berichtet und entsprechend wurde das Tuch nicht repariert. Also bergen wir die Fock wieder.

Mit einer so unerfahrenen Crew möchte ich nicht schon am ersten Tag das Groß setzen. Anders als sonst fahren wir dieses Jahr nicht mit Rollgroß, sondern mit Lattengroß, was die Bedienung nicht unbedingt erleichtert. Infolgedessen fahren wir unter Motor weiter und erreichen die Marina von Stavoren etwas ernüchtert am frühen Abend.

Gefangen in Hindeloopen

Unser Törn ist bis dato geprägt von allerlei weniger wünschenswerten Vorkommnissen. Zum Glück haben wir einen flexiblen Vercharterer, sodass wir am nächsten Mittag eine neue Fock an Bord haben; dazu noch den zurückgelassenen Bootshaken. Unglücklicherweise stellt sich heraus, dass das Segel zu groß für das Vorstag ist und wir es wieder herunternehmen müssen. Somit verspricht er uns das Segel bis zum nächsten Tag zu reparieren.

Natürlich wollen wir den Tag trotzdem nutzen. Bei Windstärke 5 verlassen wir die Marina Stavoren ohne Fock an Bord und nehmen Kurs auf Hindeloopen. Die Crew ist geschickt im Setzen des Großsegels und alles verläuft wie gewünscht. Wir nutzen die Gunst der Stunde und üben dank des zurückgewonnenen Bootshakens ein Rettungsmanöver nach dem anderen. Wegen des fehlenden Vorsegels ist das sogar ein bisschen einfacher als sonst. Schon gegen Nachmittag erreichen wir dann raumwinds den Hafen in Hindeloopen.

Zum Abend hin lässt der Wind vollständig nach und es bildet sich eine spiegelglatte See. Am nächsten Morgen dagegen weckt uns der Wind mit seinem Pfeiffen durch die Yachtmasten. Es sind 6-7 Windstärken (in Böhen 8-9) angesagt. Bei so einer Ankündigung muss man als Skipper schon überdurchschnittlich erfahren sein, um den Hafen guten Gewissens verlassen zu können. Für uns bedeutet das vor allem eins: Hafentag.

Mittags bekommen wir von unserem Vercharterer die Fock repariert zurück. Da wir den Hafen nicht verlassen können und wollen, begnügen wir uns mit Kartenspielen und einheimischen Spezialitäten: Frikandeln. Außerdem können wir einige Vorräte auffüllen, deren Einkauf uns sonst ohnehin Segelzeit gekostet hätte. Ausnahmsweise haben wir aber auch mal Glück und bekommen ein eher seltenes Schleppmanöver zu sehen. Ein Bootseigner hat seine neu übernommene Yacht über den Trailer ins Hafenbecken gelassen. Dabei ist scheinbar nicht berücksichtigt worden, dass der Hafen für die Yacht überhaupt nicht tief genug ist. In der Folge ist die Hafencrew etwa fünf Stunden damit beschäftigt, den 10-Tonner aus dem Hafenbecken zu schleppen. Und noch weit darüber hinaus, denn das Wasser wird nicht sofort hinter der Hafenausfahrt tiefer.

Einsam in Richtung Makkum

Nun könnte man meinen das Glück wäre uns endlich hold, aber gefehlt. Doch der Reihe nach. Bei fünf bis sechs angesagten Windstärken (in Böhen 7) konnte ich die Crew darauf einstellen auszulaufen. Dabei haben wir natürlich sämtliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die in einer solche Situation sinnvoll sein können. Neben uns haben aber nur einige wenige Yachten überhaupt den Hafen verlassen.

Unsere Fahrt geht nach Makkum, einem kleinen Städtchen am Damm zum Wattenmeer. Weil der Wind schon ein ausgeprägtes Maß vorweist, fahren wir nur mit der Fock - und selbst die nicht voll aufgespannt. Selbst mit dieser dünnen Betuchung machen wir schon bemerkenswerte Fahrt. Wir kreuzen einige Male und fahren dann zum späten Nachmittag in Richtung Nordost.

Wir sehen schon die Tonnen des Fahrwassers als sich am Horizont hinter uns rabenschwarze Wolken auftürmen. Wir haben eine gute Chance den Hafen trocken zu erreichen, aber bei stärkerem Wind ziehen die Wolken schnell. Kurz vor dem Eintreten in das Fahrwasser will ich die Fock reffen lassen. Alles läuft wie geplant, bis die Reffleine zum Einholen des Segels Widerstand leistet und sich nicht weiter ziehen lässt. Plötzlich reist das Tau vorne aus der Rolle heraus und das Segel schlägt ohne Widerstand voll heraus. Dann geht alles ganz schnell. Das Segel muss jetzt ganz heruntergeholt werden, was jedoch bei dem Seegang nicht so einfach ist. Zum Glück ist die Crew fit und das Segel ist schnell geborgen. Durch das killen (schlagen im Wind) hat das Tuch jedoch einen erheblich Riss abbekommen. Ein neuer Fall für den Segelmacher.

Langsam begraben wir fast die Hoffnung, noch einmal mit Fock und Großsegel gleichzeitig zu fahren. Immerhin hat sonst alles gut geklappt und auch den Hafen erreichen wir noch bevor der Regen einsetzt.

Über Medemblik zurück nach Lemmer

Einmal mehr verdanken wir es unserem Vercharterer, dass wir doch noch in den Genuss vollen Segelns kommen können. Noch am Abend wurde unsere Fock gegen eine völlig neue ersetzt. So setzen wir am vorletzten Tag unserer Reise zum ersten Mal mit vollem Segel Kurs auf Medemblik, einem Nest auf der Westseite des Binnenmeeres.

Die Strecke ist mit 18 nautischen Meilen nicht gering, wobei wir uns als eher träge Mannschaft mit einigen Spätaufstehern auch keine viel größeren vornehmen können. Das Wetter spielt mit und so kommen wir zügig nach Medemblik. Reis mit Currywurst steht heute auf dem Speiseplan. Der Hunger ist bei einigen Crewmitgliedern jedoch etwas gedämpft. Denn neben dem Anlegebier gibt es bei ihnen die Tradition in jedem Hafen eine Frikandel zu essen. Aus der Frikandel werden gerne auch schon mal Frikandel, Kibbeling und große Pommes Spezial. Es muss einen schon wundern, dass dadurch der Appetit nicht erst recht geweckt wird.

Für unseren letzten Tag spielt uns das Wetter noch einmal einen Streich. Es regnet den ganzen Tag und trotzdem muss die Yacht nach Lemmer zurück. Also hilft alles nichts und wir müssen unsere Regensachen herausholen. 35 nautische Meilen (etwa 65km) bei durchschnittlich 10km/h Geschwindigkeit. So ein Tag ist lang, aber dafür ist die Freude umso größer wenn aus den Regenwolken endlich die ersehnte Küste auftaucht. Um 19:25 erreichen wir den Heimathafen in Lemmer, so spät wie wir in keinen anderen Hafen eingelaufen sind. Aber das Ziel ist erreicht und der Milchreis mit heißen Schattenmorellen rundet einen kalten Regentag wunderbar ab. So nimmt ein erfahrungs- und abwechslungsreicher Törn sein Ende und man darf auf das nächste Mal gespannt sein.

Kein Platz für Eitelkeiten - 6 Segler auf 30 Fuß ist Sport
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Es kann nicht immer nur die Sonne scheinen.
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Aber manchmal bietet sie einem ein echtes Fest der Natur
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Keine Hand breit Wasser mehr unterm Kiel
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Yachten so weit das Auge reicht - Makkum ist einer der größten Häfen im Ijsselmeer
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Eines der kleinen Nester am Ijsselmeer
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