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Piura

Wieso musste ich auch an einem Sonntag über die Grenze? Eine kleine Militärparade ist ja mal ganz nett, aber wenn dafür in der Stadt gar nichts mehr geht ...

Brauchst du Geld?

Ein Mann mit einem Koffer Geld, der diese Frage stellt muss nicht grundsätzlich unsympathisch sein. Das könnte man meinen, aber ganz ehrlich: Es gibt Ausnahmen. Und wer es nicht glaubt, dem empfehle ich einmal einen Besuch beim hochfrequentierten Grenzübergang zwischen Ecuador und Peru bei Huaquillas. Selbst wenn der Loneley Planet Ecuador es nicht getan hätte, so hätte mein Instinkt mich doch vor diesen dubiosen Gestalten gewarnt.

Wie auch immer, ich habe kein Geld bei den Geldhändlern getauscht und das war sicherlich auch das Beste. Wer das macht, muss damit rechnen, komplett bestohlen zu werden oder im besten Falle nur Falschgeld gekauft zu haben. Allerdings hatte ich auch keine peruanischen Soles. Zum Glück sind Dollars überall valides Zahlungsmittel, weshalb ich den Taxifahrer nach Tumbes, der nächsten Stadt in Peru, mit dem Restgeld aus Ecuador habe. In Tumbes konnte ich dann natürlich auch Geld abheben, sodass ich schon am ersten Tag mit Landeswährung versorgt war.

Über die Grenze

In Tumbes hole ich einige Erkundigungen nach sinnvollen Reisezielen ein. Im Nachhinen hätte ich vielleicht besser einen Bus nach Chiclayo genommen, aber ich entschied mich für das etwas nördlicher und daher näher liegende Piura. Die schlechteste Wahl war es aber sicherlich auch nicht.

Der Bus fährt los und ich blicke nach draußen auf das weite Meer. Die Straße liegt direkt an der Pazifikküste, wobei das Wort direkt wörtlich zu nehmen ist. Rechts ab erstreckt sich der Ozean in einer Form, die hier noch viel unendlicher wirkt als andernorts. Es ist der peruanische Abschnitt der Panamericana, vergleichbar mit der A1 in Deutschland, wenn auch nicht in Zustand und Ausbau. Sie verläuft von der nördlichsten Grenze mit Ecuador bis ganz in den Süden zur Grenze mit Chile. Allein in Peru sind das weit über 2.000 Kilometer Asphalt auf einer einzigen Straße. Anfangs gibt es noch viel grüne Umgebung, aber nach und nach verschwinden die Bäume, Palmen und Büsche. Nach 20 Minuten sieht man nur noch Wüste. Man muss fast den Eindruck bekommen, dass die Indios sich das Land etwas merkwürdig aufgeteilt haben. Das schöne, fruchtbare Land den Ecuadorianern und die staubige Wüste den Peruanern, was aber auch Zufall sein kann. Vielleicht verläuft die Landesgrenze ohne jeden Grund auf gerade diesem Streifen wechselnder Vegetation.

Nach einer Stunde gibt's einen Stop mitten im Nichts. Naja nicht ganz nichts. Es gibt eine kleine Grenzstation. Alle müssen aussteigen und werden kontrolliert. Danach geht die Fahrt weiter.

Neue Bekanntschaft

Manchmal ist erstaunlich, wie schnell man Menschen kennenlernen kann. Im Bus ist das oft fast unvermeidlich, denn die Indios sind sehr neugierig Ausländern gegenüber. Natürlich kommt das auch darauf an ob man sich überhaupt verständigen kann. Oft geht das nach der Einreise erstmal nicht gut, denn der Akzent wechselt zwischen den Ländern stark. Nach einer Einreise nach Peru liegt der Fall sicherlich anders. Den Peruanern wird - wie ich glaube zurecht - nachgesagt, dass sie zusammen mit den Bolivianern das langsamste Spanisch sprechen. Das erleichtert die Verständigung natürlich erheblich.

So auch in meinem Fall. Neben mir sitzt Nico, ein ziemlich uriger Typ. Nicht nur zufällig will er auch nach Piura, denn dort erwarten ihn seine Frau und sein Sohn. Er kennt die Stadt also wie seine Westentasche, was sich perfekt trifft. Denn ich habe keinen Reiseführer für Peru und keine Karte und bin noch absolut ohne jede Orientierung. Er zeichnet mir die Stadt auf einem kleinen Zettel auf und will mir später alles zeigen. Wie so oft habe wie einfach Glück gehabt und erlebe bedingungslose Hilfsbereitschaft.

Der Anspannung folgt die Entspannung

Unbestritten war der Reiseabschnitt Peru der abenteuerlichste Teil meiner Reise. Das hatte jedoch viel weniger mit Peru selbst zu tun als vielmehr mit der erstmalig vollkommen spontanen Reiseart. Wie zuvor beschrieben, fehlte mir schon bei der Einreise jede Orientierung. Ich hatte eine Liste mit größeren Städten und wusste ungefähr, wo sie in Peru liegen. Vor der Grenzübershreitung bereitete mir die Idee, eine Reise auf diese Weise anzutreten, einigen Stress. Viele offene Fragen: Wo kann man übernachten, wo einkaufen, was lohnt sich und was nicht und welche Gegenden sind gefährlich? In Peru angekommen verflüchtigten sich die Sorgen jedoch fast unmittelbar unter der Pazfiksonne. Hier und auch später bemerkte ich, dass ich alle wichtigen Informationen nicht nur gleichwertig, sondern noch besser von den Leuten selbst bekommen konnte. Eigentlich war aber diese Erfahrung die Geburtsstunde des Beschlusses nur noch auf diese Weise zu reisen. Zumindest in Südamerika. Das einzige Ziel war jetzt noch: In einem Monat wieder an der Grenze nach Ecuador sein.

Die Fahrt nach Piura dauert lange, vielleicht fünf Stunden. Als wir endlich ankommen, fühle ich mich so frei wie noch nie in den etwa sechs Wochen Lateinamerika. Die Stadt hat ihren Charme, solange man die Vororte nicht im Hinterkopf hat. Aber einmal im Zentrum angekommen sind diese wie weggeblasen. Piura bietet einen beschaulichen Park und einige schöne Kirchen. Republikanischer und kolonialer Baustil wechseln sich ab. Dazu eine Menge idyllischer Nebenstraßen.

Insgesamt kommt mir die Stadt sehr untouristisch vor. Das bestätigt sich auch am nächsten Tag als ich in Touristen-Büro komme. Zumindest in den letzten zwei Wochen war kein Europäer da. Ich bin etwas verwundert, glaube aber bis heute, dass die Stadt entweder nicht im LP für Peru enthalten oder dort als nicht sehenswert markiert wird. Anders kann ich mir das jedenfalls nicht erklären, denn Rucksacktouristen gibt es in Peru genug.

Piura hat nicht nur schöne Seiten, im Gegenteil. Auf der anderen Seite finden sich unzählige Baracken und müllverseuchte Viertel. Es ist erstaundlich zu sehen, wie dicht arm und reich in vielen lateinamerikanischen Städten zusammenliegen. Ich merke schnell, dass es besser ist, im Zentrum zu bleiben. Nicht aber weil es außerhalb unsicherer ist, den Eindruck kann man nicht bekommen. Ein Gespräch mit ein paar Kunststudenten vermittelt auch in diesem Teil der Stadt offenherzige Bewohner. Man muss es aber auch nicht übertreiben. Das Zentrum hat einfach genug zu bieten, sodass man nicht heraus muss. Hier gibt es für einen Tag genug zu sehen, dann sollte es aber weitergehen. Obwohl der Kontrast zwischen Schönheit und Elend ziemlich stark ist, lohnt sich ein Besuch in der Stadt. Ich würde glaube ich wieder hinfahren.

Der Weg führt mich weiter nach Süden über die Panamericana. Ich überlege nach Chiclayo oder Chimbote zu fahren, entschließe mich aber dann doch für die Route direkt nach Lima. Das wird eine lange Fahrt von etwa 19 Stunden. Sowas ist anstrengend, selbst (oder gerade) bei Nacht.

Der hochfrequentierte Grenzübergang an der Panamericana. Noch gibt es wenigstens ein bisschen Grün am Straßenrand. Das Zentrum von Piura, schon fast eine Oase in der Wüste. Schöner als erwartet: Piura hält einige wenige Schmuckstücke bereit. Kunststudenten mit ihrem Professor bei der Arbeit.
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