zurück zur Übersicht
1: Land
2: Mindo
3: Estero del Platano
4: Schokolade
5: Dorffest
6: Quito
7: Chachis

Willkommen in den Nebelwäldern

Regen.

Nebel.

Regen und Nebel.

Nebel und Regen.

Fahrt ins Graue

Mit dem Bus dauert es etwa zwei Stunden von Quito nach Mindo. Es gibt Direktbusse, allerdings nur zwei am Tag, daher muss ich in Quito sechs Stunden warten, bis es endlich los geht. Genügend Zeit um die kolumbianischen Bücher zu studieren, die ich kurz vor meiner Abreise in Bogotá geschenkt bekam. Nachmittags um vier geht es dann endlich los. Zum Glück fährt der Bus nicht noch später, denn hier wird es ja um sieben Uhr schon dunkel und ich weiß gar nicht genau wo ich in Mindo dann hin muss.

Dann geht es los vom Busterminal Ophelia in Richtung der Nebelwälder, die sich schon bald zeigen. Kaum zu glauben, dass es so einen Nebel geben kann. In Deutschland habe ich zwar schon Nebel gesehen, aber irgendwie nur mal hin und wieder. Hier gehört er einfach zur Natur dazu. Dabei war es in Quito auch noch richtig sonnig gewesen, aber je weiter wir nach Westen kommen, desto grüner und feuchter wird es. Allerdings wird es nicht wärmer, so wie es in Kolumbien war, als es in Richtung Karibik ging. Das Klima liegt recht angenehm bei 25°.

Mit im Bus ist eine ganze Schaar äußerst unsympathischer US-Amerikaner. Ich bin wohl der einzige Europäer und außer mir und den Amis sind noch drei Ecuadorianer im Bus. Einer von denen sitzt auch neben mir und er fragt mich was ich mache. Ich sitze dort mit einer Liste von Vokabeln, die ich mir für die Fahrt mitgenommen habe. Ganz offenbar macht es ihm Spaß, dass es auch Ausländer gibt, die sich nicht wie im Zoo verhalten.

Mit der Natur vereint!

Tatsächlich kommen wir planmäßig mit nur 15 Minuten Verspätung in Mindo an. Ich habe also Glück, denn es ist noch nicht dunkel geworden. Allerdings habe ich auch keine Ahnung wo sich das Projektgrundstück genau befindet. Aber die Touristeninformation und freundliche Einwohner helfen schnell weiter. Nach einer weiteren Viertelstunde ist das Projekt gefunden und ich komme gerade richtig zum Essen.

Am nächsten Tag habe ich genug Zeit mir alles anzusehen. Mindo wird geradezu vom Urwald rinksherum verschluckt. Überall ist es grün und man hört die vielen Flüsse rauschen. Insgesamt ist das Dorf für seine Abgeschiedenheit erstaunlich touristisch ausgebaut. Es gibt gemessen an der Größe des Dorfes sehr viele Restaurants und Unterkünfte. Allerdings ist der Begriff Restaurant nicht im mitteleuropäischen Sinne zu verstehen. Es handelt sich normalerweise um eine Ansammlung von einfachsten Tischen und oft gibt es nur ein einziges Gericht. Trotzdem sieht man, dass es den Menschen in Mindo besser geht als wo anders. Hier haben fast alle Leute Arbeit und das sieht man.

Das Projektgrundstück sieht wirklich so aus, wie man es sich vorstellt. Mit nur einer kleinen Ausnahme ist alles dort mit nachwachsenden Materialien hergestellt. Fast alles hier folgt einem natürlichen Kreislauf. Das bedeutet, dass für (möglichst) jeden Eingriff in die Natur auch eine Maßnahme zur Wiederherstellung vorhanden ist. So gibt es eine Komposttoillette oder einen Teich mit seifefressenden Pflanzen, die das Wasser aufbereiten, bevor es in den Fluss zurückgeleitet wird. Strom gibt es nicht, wird aber auch nicht benötigt. Licht bekommen wir mit Kerzen. Grundsätzlich sind Permakultur und Strom durchaus miteinander vereinbar. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, Energiequellen ausschließlich aus regenerativen Stoffen herzustellen.

Zerstochene Pläne

Mosquitos oder Mosquos, so werden die kleinen Viecher genannt. Dazu zählt hier aber eigentlich alles was fliegen kann durch Körperkontakt eine Juckreizung hervorrufen kann. Wir fahren am dritten Tag noch dichter in den Nebelwald. Das Projekt hat dort einen Naturlehrpfad angelegt und ist noch dabei ihn auszubauen. Der Weg führt zu einem Fluss und der Nebel weicht der Sonne. Bei warmen 29° gehen wir baden, was vielleicht ein Fehler war.

Als ich das erste mal wieder aus dem Wasser komme und mich trocknen möchte, fängt mein Bein an zu bluten. Erst an einer Stelle, dann an noch einer und noch mehr, bis es irgendwann acht Stellen sind und ich aus Verzweiflung wieder ins Wasser gehe. Regelrecht unheimlich, denn es fing einfach an und zwar ohne ersichtlichen Grund. Von einem Einheimischen werde ich dann aber aufgeklärt, dass es auch eine Moskitoart ist. Leider bleibe ich nicht verschont und ernte bis zur sicheren Rückkehr noch 20 weitere Stiche.

Die folgende Nacht gehört zusammen mit einer Kasinoübernachtung in Peru sicherlich zu einer der drei schlimmsten auf meiner ganzen Reise. Das Jucken wird so schlimm, dass ich schweißnass aus dem leichten Schlaf gerissen werde und die ganze Nacht nicht mehr zur Ruhe komme. Komischerweise war ich der einzige, den es so erwischt hat, was die Einheimischen grinsend meinem ausländischen Blut zuschreiben. Die Komik wird später von Milton aufgeklärt. Die Einheimischen leiden nämlich schwer unter den Moskitos, nur sieht man die Stiche auf deren Haut natürlich nicht. Abgesehen davon sind sie alle mit einem Anti-Moskito-Zeug eingeschmiert. Von wegen sie mögen das Blut der Ausländer lieber ...

Abgesehen von diesen kleinen Teufeln ist die Natur in Mindo unendlich schön. Selten haben meine Augen einen so idyllischen Ort gesehen. Trotzdem bleiben wir nur vier Tage dort. Die Arbeit zieht uns an die Pazifikküste. Die häuslichen Bauarbeiten in Mindo sind so weit fortgeschritten, dass dort erstmal kein Bedarf besteht. Umso besser, dass es an der Costa gerade ein ganz neues Projekt gibt. Ich nehme mir noch einen Tag um von den Stichen kuriert zu werden und Geld zu holen.

Money money money

Im Projekt wird man rundum verpflegt und hat keine lebenswichtigen Ausgaben selbst zu tätigen. Da das Projekt (noch) keinen Gewinn abwirft, leistet daher jeder Freiwillige einen Selbstkostenbeitrag von 250,-USD im Monat. In Mindo selbst gibt es allerdings keinen Geldautomaten, weshalb ich mit dem Bus in eine anliegende "Stadt" fahre, in der es einen Geldautomaten geben soll. Diese Stadt besteht eigentlich nur aus einer Straße und ist wahrscheinlich sogar kleiner als Mindo. Der Unterschied ist wohl, dass es an einer größeren Straße liegt.

Dort angekommen bekomme ich aber zum ersten Mal wirklich Zweifel an der Fähigkeit meiner Kreditkarte. Die Stadt ist eine einzige Baustelle. Nun muss man aber den Unterschied zwischen latinoamerikanischen und mitteleuropäischen Baustellen kennen. Denn während bei uns eine Baustelle normalerweise als Übergangszustand angesehen wird, ist es hier de facto ein Dauerzustand. So würde es mich nicht wundern, wenn die Instandsetzung der Straße schon seit fünf Jahren andauert.

Genau zwischen den beiden Enden der 1.000 Meter langen Stadt finde ich tatsächlichen den lokalen Geldautomaten. Er ist ganz im rustikalen Stil in eine Felsnische eingelassen und wirkt eher wie ein Spielzeug. Aber mein Misstrauen wird bestraft und tatsächlich zahlt mich der Automat voll aus. In diesem Moment weiß ich, dass ich mit dieser Karte auch noch am letzten Ende der Welt Bargeld abheben kann.

Da ich nur so kurze Zeit in Mindo war, gibt es nicht viel mehr darüber berichten. Zwei Tage nach meiner Anreise geht es dann Abends zu zweit noch in Richtung Costa. Normalerweise dauert die Fahrt acht Stunden. Wir fahren über Santo Domingo de los Colorados und dann in Richtung Esmeraldas. An irgendeiner Kreuzung springen wir raus und hoffen, dass noch ein Bus kommt, der uns mitnimmt. Wir haben wirklich Glück und es kommt noch einer, der uns zumindest nur noch eine Fahrtstunde von Estero del Platano entfernt nach Tonchigue bringt.

Der Dorfspringbrunnen. Auf dem BioMindo-Grundstück ist (fast) alles im Permakulturstil angelegt. .
zurück zur Übersicht
1: Land
2: Mindo
3: Estero del Platano
4: Schokolade
5: Dorffest
6: Quito
7: Chachis