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Nur einmal probieren

Wer hat eigentlich gesagt, dass Naschen verboten ist? Und außerdem: Wo kein Richter, da kein Kläger. Oder so ähnlich.

Über Kultur

Nahezu kein mir bekannter Deutscher hat eine Vorstellung wie eigentlich Kakao im Urzustand aussieht. Ich selbst wusste es auch nur ungefähr von der schematischen Darstellung in Anno 1602. Bei Don Dima wohnen wir nun aber auf einem Grundstück, wo die mystischen Schoten emporwachsen. Ich habe also die perfekte Gelegenheit einmal selbst Schokolade zu machen.

Woher der Kakaobaum kommt ist bis heute nicht klar. Es gilt aber als sehr wahrscheinlich, dass er exakt aus der heutigen Äquatorzone stammt. Dies wird auf die besonders hochwertige Qualität der Schokolade und die dafür notwendigen äußerst günstigen Bedingungen in diesen Gegenden zurückgeführt. Insbesondere zählen dazu Orientabschnitte Brasiliens und ein Teil des ecuadorianischen Küstenstreifens. Auch ich habe das Glück in den Genuss dieses besonders hochwertigen Kakaos zu kommen. Erste Fundorte gab es allerdings weiter nördlich im heutigen Mexiko bei den Azteken - und nicht wie oft dargestellt bei den Maya. Die Azteken verehrten den Kakao als heilig und opferten Teile der Frucht ihren Göttern. Andere wurden als Tauschmittel und natürlich zum Konsum benutzt.

In den nachfolgenden Abschnitten werde ich den ganzen Lebenszyklus des Kakaos zeigen. Es ist eine faszinierende und natürlich sehr schöne Erfahrung den Kakao einmal selbst herzustellen und nicht wie gewohnt im Supermarkt zu kaufen. Das ist etwas ganz anderes als einfach mal gesehen zu haben wie es funktioniert. So gut die Sendung mit der Maus auch ist, Probieren geht über Studieren. Außerdem ist hier alles transparent, es gibt keine Maschinen in die man nicht hereingucken kann.

Über Früchte

Natürlich ist auch Kakao nicht gleich Kakao. Die allermeisten Sorten entwickeln jedoch mit steigender Reife einen Gelbton der Frucht. Während des Reifeprozesses erhält die Frucht einen grünen oder leicht lilanen Farbton. In einigen Fällen entwickelt eine Frucht auch nacheinander beide Farben. Die braunen Stellen auf dem Foto sehen zwar sehr schokoladig aus, sind aber kein Zeichen von Reife. Im Gegenteil, hier sieht man Schoten mit Überreife, die schon leicht angefault sind. Für den Verzehr sind ein paar brauene Stellen an der Außenfrucht allerdings noch kein Problem.

Anders als bei den meisten anderen Pflanzen wird beim Kakao nicht die Frucht, sondern der Samen konsumiert. Die Frucht dient einzig dem Schutz der eigentlichen Kakaobohnen. Beim Ernten wird die Frucht mit der Machete vorsichtig vom Baum getrennt und dann aufgeschnitten. In ihrem Inneren befinden sich dann zwischen 15 und 50 Bohnen in einem weißen Fruchtfleisch. In früheren Zeiten wurde aus dem extrem süßen Fruchtfleisch sogar Alkohol gewonnen. Dies geschieht heute nur noch in der verarbeitenden Industrie, um chemische Effekte zu erreichen.

Wenn sich irgends eine Möglichkeit auftut kann ich nur jedem empfehlen, das Fruchtfleisch einer Kakaoschote einmal zu kosten. Der Geschmack entbehrt jeder Beschreibung und ist nur innerhalb weniger Stunden frisch möglich.

Über Wachstum und Ernte

Der Anbauprozess für Kakao funktioniert anders als der Anbau von Obst und Gemüse in Europa. Am Äquator gibt es keine nennenswerten Unterschiede zwischen Sommer und Winter und somit gibt es auch keine Saison. Sobald ein Baum erstmals Früchte trägt, stehen unregelmäßige Ernten zu erwarten. Bäume und Früchte wachsen im tropischen Stil vollkommen unsymmetrisch. Je nach Sorte kann eine Kakaoschote innerhalb von nur zwei Wochen vom Spross bis zur fertigen Frucht heranreifen.

Wenn eine Frucht geerntet wurde, dann gilt es Geduld zu haben. Die Bohnen können nicht direkt verarbeitet werden, denn genau wie Kaffee müssen sie zunächst trocken. Dazu werden sie auf Palmblättern oder Folien ausgebreitet und etwa 10 Tage der intensiven Sonnenausstrahlung ausgesetzt. In weniger sonnigen Gegenden müssen die Bohnen sogar einen Monat zum Trocknen liegen.

Mit dem Trocknen erhalten die Bohnen ein Aussehen, das ein Nüsse in Mandelform erinnert. Auch sie kann man roh essen, allerdings ist der Geschmack recht herb. Außerdem befinden sich die Bohnen noch in einer dünnen Schale, die vorher entfernt werden sollte.

Über Arbeit

Mit dem Entfernen der Schale beginnt dann auch endlich der Prozess des Rafinierens. Dabei müssen die Bohnen zunächst von ihrer Schale getrennt werden. Übrig bleiben kleine Kakaobohnen, die schon richtig nach Schokolade riechen.

Die eigentlichen Bohnen machen nur noch einen kleinen Teil der ursprünglichen Fruchtmasse aus. Für die Kakaobauern entscheidender ist aber, dass die Ware an Gewicht verliert. Denn natürlich werden sie für ihre Lieferungen nach dem Gewicht bezahlt. Die Schale macht immerhin ein Drittel des Gesamtgewichtes einer Bohnen aus.

Nicht alle Bauern trennen die Bohnen von der Schale. Das hat zwei Gründe. Zum einen nehmen die Großhändler einfach die ungetrennten Bohnen ab, da sie über Maschinen verfügen um den aufwendigen Prozess zu automatisieren und dramatisch zu beschleunigen. Ein anderer ist, dass selbst Großhändler die Bohnen oft unbehandelt lassen um sie direkt zu verschiffen. Angeblich gibt es für einige besondere Kakaosorten von der Costa in Ecuador ein Exportverbot. Diese Sorten dürfen nur in gemahlener Form das Land verlassen um eine Züchtung in anderen Ländern zu verhindern. Die Maßnahme war für mich nicht nachprüfbar, wäre aber zumindest nachvollziehbar, denn Qualität ist für die Ecuadorianer Trumpf. Seitdem Kolumbien und danach andere Länder Ecuador in der Exportleistung deutlich überholt haben, zählt nur noch der Name. Selbst in den benachbarten Ländern habe ich gehört wie man vom ecuadorianischen Kakao schwärmte, es muss also was dran sein.

Das Mahlen ist natürlich Voraussetzung für die weitere Verarbeitung. Um ein möglichst feines Pulver zu erhalten wird der Kakao - auch wenn er von Hand gemahlen wird - zwei bis drei Mal gemahlen. Danach ist das Pulver fein genug, sodass es gekocht werden kann.

Die Zubereitung kann auf verschiedene Art und Weisen erfolgen. Wir geben zuerst Zucker - viel Zucker - in den Topf und erhitzen ihn dann. Sobald er anfängt zu glänzen geben wir das Kakaopulver mit ein und vermischen die Masse. Durch das kräftige Verrühren entsteht eine leicht dickflüssige aber streichzarte Creme.

Über Genuss

Nach etwa zwei Wochen Wartezeit ist es endlich so weit. Wir haben unsere erste eigene Schokolade aus eigenem Kakao hergestellt. Da es hier kein normales Brot gibt, streicht man die Creme natürlich auch nicht auf. Vielmehr wird sie zum Dippen für eine Art Milchbrötchen benutzt. Ein Genuss, den sich auf einer Südamerikareise keiner vorenthalten sollte. Selbst gemacht schmeckt eben doch am Besten.

¡Buen provecho!

Noch süßer als Tierbabies sind die Kakaobabies Vier Kakaoschoten: Zwei unreife und zwei überreife. Die Kakaofrucht in ihren Einzelteilen. Dieses weiße Zeug muss man probiert haben. Erst wenn die Bohnen wirklich trocken sind, können sie weiterverarbeitet werden. Hier trennt sich (fast) im wahrsten Sinne des Wortes die Spreu vom Weizen. Man kann sogar (anders als bei der Maus) in die Maschine reingucken. Genuss selbst gemacht. Ganz ohne Umweltverschmutzung.
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